Caranzalem, Panjim,
Ihr Lieben,
seit einigen Tagen sind wir nun im Quarto da Casa Vianney, einem Hotel in Panjim. Leider liegt dieses Haus direkt an der
Hauptstraße, die auch noch die einzige Verbindung von Dona Paula nach der Stadtmitte darstellt. Dadurch sind wir gezwungen, die Nächte mit Ohrstöpsel zu verbringen. Aber auch die lauten Mitbewohner, die bis tief in die Nacht mit lautem Getöse die Türen zuschlagen, tragen dazu bei. Nach zwei Nächten bekamen wir von Niklaus, dem Manager dann ein ruhigeres Zimmer im 4. Stock zugeteilt. Tatsächlich ist der Lärm etwas weniger zu hören, dafür macht der Aufzug laute Knallgeräusche, wenn er startet oder stoppt. Wie war das mit dem Teufel und dem Beelzebub?
In zwei Tagen geht unsere Reise weiter in den Süden. Darum sollten wir über die Tage hier in der Umgebung berichten. Im Gegensatz zu den ersten zwei Reiseabschnitten, wo wir herrliche Strände nutzen konnten, gibt es hier zwar auch Strand, aber nur in sehr „schlechter“ Qualität. Wo die anderen Strände tollen Sand hatten, gibt es hier nur grau – braunen Schmier, der überhaupt nicht zum Spaziergang einlud. So schauten wir uns nach Kultur und Sehenswürdigkeiten um. Das absolute Highlight in dieser Gegend ist Old Goa, die ehemalige Hauptstadt der Portugiesen, die vor über 400 Jahren das Land eroberten. Wir haben zwei Tage dort verbracht, um die Kirchen, Kapellen und Klöster zu besichtigen. Leider sind die meisten Gebäude starkem Verfall preisgegeben oder werden derzeit „notdürftig restauriert“. Dass dabei die tollen Altäre, Heiligenfiguren oder Bilder darunter noch mehr leiden, kümmert nur wenige. Alles ist verdreckt und dick mit Staub oder Dreck bedeckt. Echt schade. Die Beschreibungen aus dem Reiseführer lesen sich einfach toll. In der Realität ist dieser Ort, der unter dem Schutz des Weltkulturerbes steht, leider nur noch ein schwaches Abbild seines früheren selbst. Mit den 15 bis 30 Cent, die als Eintrittsgelder teilweise erhoben werden, wird man dem Verfall nicht entgegentreten können. Die wichtigste Kirche, die man auch nicht mit kurzen Hosen, ärmellosen Shirts oder Blusen betreten darf ist die Kathedrale der Heiligen Katharina. Allein diese Kirche hat 15 herrliche Altäre und ist die wohl besterhaltenste Kirche insgesamt. Ihr sehr ähnlich ist die Basilika Bom Jesus, in welcher der Leichnam des Heiligen Franz Xaver, dem „Apostel Indiens“ im Glaskasten ausgestellt ist. Er soll, nach Apostel Paulus die meisten Menschen in den Schoß der Kirche geführt haben. Alle zehn Jahre wird der (nun) verschrumpelte Leichnam auf der Strecke von Bom Jesus nach der Kathedrale aufgebahrt und rund 250.000 Gläubige gehen an ihm vorbei, um Fotos zu machen oder ihn zu berühren. Noch heute soll er Wunder vollbringen. Wir konnten beobachten, wie Behinderte zu „seinem Altar“ getragen wurden. Doch keiner lief von selbst wieder von hinnen.
Einen Tag hatten wir direkt beim Tourismus Ministerium einen Ausflug mit dem Bus durch Süd Goa gebucht. Um halb neun sollten wir am Treffpunkt sein, warteten aber um 9 Uhr immer noch vergebens. Irgendwann kam dann der „Zubringerbus“ und holte uns fünf ab, allerdings nur, um uns zum Sammelpunkt zu bringen. Zwischendurch fuhr er zurück zum Ministerium, um den „defekten 50er Bus“ gegen einen funktionierenden 20 Sitzer zu tauschen. Mittlerweile waren es dann schon 8 Personen und zehn Uhr. An einem weiteren „Treffpunkt“ wurden wir zwei dann gebeten, in den eben ankommenden, hinteren Bus zu steigen, da der vordere Bus die Nord Goa Tour fuhr. Alle aus dem hinteren Bus stiegen um in den vorderen und wir waren nur fünf Leute, die die eigentliche Süd Goa Tour machen wollten. „Steigt einfach in den anderen Bus und macht die Nord Tour, die Süd Tour fällt aus.“ Da wir uns weigerten, die Nord Tour zu machen, da wir diese Ziele in den letzten drei Wochen alle gesehen hatten und an den angebotenen Stränden teilweise Tagelang gewohnt hatten, bot man uns die Stornierung der Tour und die Rückzahlung des Betrages an. Drei Stunden verschenkte Zeit! Der Bus brachte uns dann zum Ministerium, wo wir nach zähem Ringen unser Geld zurückbekamen. Kurzentschlossen machten wir uns auf, um Old Goa erneut zu besuchen. Eine gute Entscheidung. Eine Fahrt mit den öffentlichen Bussen war immer ein Erlebnis der besonderen Art. Nicht nur, dass die Fahrt nur wenige Cent kostete (meist 20 bis 30 Cent pro Person für eine Strecke von 10 bis 25 km), sondern die laut hupenden, rücksichtslos überholenden und Vollgas fahrenden Fahrer machten jede Fahrt zum Abenteuer. So fuhren wir letzten Freitag auf den Markt nach Mapsa. Alleine das Auffinden des Busses auf dem Busbahnhof von Panjim war ein Großereignis. Da auf diesem Platz mehrere hundert Busse abfahren, gilt es zunächst, den Abfahrtsort zu entdecken. Das geht nur, indem man den Stimmen der schreienden Schaffner folgt. Wenn wir als Touristen einen der Schreihälse ansprachen, zeigte er immer in die richtige Richtung. Es konnte schon mal dauern, bis wir den „richtigen Schreihals“ dann endlich gefunden hatten. Und dann ging immer alles ganz schnell. Kaum war der Bus voll, brauste er los.
Auf dem Markt, der immer Freitags stattfindet, war die Hölle los. Hier entdeckte man schon mehr Touristen. Hier konnte man alles finden: Klamotten aller Art, Schuhe, Gewürze, Obst, Gemüse, Blumen und natürlich alles mögliche zum Essen und Trinken. Am unangenehmsten war der getrocknete Fisch, der einen Gestank verbreitete, den wir versuchten zu umgehen. Bei Gewürzen konnten wir nicht widerstehen und kauften für billiges Geld ein Kg Muskatnüsse und ein halbes Kg Zimtstangen. Nach zähen Verhandlungen bezahlten wir dafür knapp 20 €. Zu Hause kostet diese Menge das zehnfache. Doch das aufregendste war die Rückfahrt. Zunächst ging die Suche nach dem richtigen Bus wieder los. Es gab plötzlich einen Express Bus nach Panjim. Warum nicht, vielleicht ging er sogar schneller. Allerdings war auch der eben anfahrende Bus bis auf den letzten Platz belegt und ich wollte zunächst nicht einsteigen. Der Schaffner lachte. „Kommt, kommt… setzt euch vorne zum Fahrer, da sind zwei VIP Plätze.“ Tatsächlich öffnete er eine Klappe und wir konnten uns vorne beim Fahrer auf eine gepolsterte Bank setzen, von der wir sowohl nach draußen, wie zum Fahrer schauen konnten. Dieser strahlte übers ganze Gesicht. Dann ging es los, und wie. Vollgas und durch. Das Dröhnen des Motors, das ewige, mehrstimmige Hupen und die im Hintergrund laufende Musik gab dem Höllenritt die richtige Stimmung. Gut, dass Ganesha, der Elefantengott über uns wachte. Er war nicht nur auf einem Blumengeschmückten Bild, sondern auch als kleine Plastikfigur auf dem Armaturenbrett vorhanden und wurde von immer wechselnden, bunten Lämpchen erleuchtet. Der Fahrer, ein Bulle von Mann sah Ganesha sehr ähnlich. Als er mitbekam, dass Achim fotografierte, machte er mir ein Zeichen, für ihn das Fenster aufzuschieben. Doch Achim hatte genug Platz für sein Objektiv. Der Fahrer fuhr links, rechts und immer wieder nur Zentimeter an den anderen Verkehrsteilnehmern vorbei. Ein Fußgänger und ein Mopedfahrer hätte es beinahe erwischt, wenn sie nicht doch vor dem lauten, intensiven Gehupe ein Ausweichmanöver getätigt hätten. Der Fahrer schüttelte nur immer den Kopf. „Wie kann man sich mit solch einem Riesenbus anlegen…?“ Tatsächlich brauchten wir für die Rückfahrt nur die Hälfte der Zeit, da der Bus nur zwei Mal anhielt und ansonsten durchbretterte. Kurz vor Panjim holte uns der Schaffner dann doch von den VIP Sitzen in den Busraum, da die Polizei kurz danach eine Kontrolle machte und Reisende anscheinend nicht im Fahrerraum sein durften. Fünf Minuten später hielt der Bus ohnedies mit quietschenden Reifen im Bushof und wir wurden vom Fahrer mit strahlenden Augen und Handschlag verabschiedet. Das war die tollste Busfahrt, die wir für 26 Cent pro Person je erlebt hatten. Dagegen verlief die Fahrt nach Dona Paula direkt gemütlich.
So sind wir fast täglich unterwegs, um im Irgendwo im Nirgendwo etwas Neues zu entdecken. Wir freuen uns aber schon auf die Strände im Süden, die es uns dann hoffentlich wieder ermöglichen, lange Spaziergänge am und im Wasser zu machen.
Für heute grüßen wir Euch von ganzem Herzen und hoffen, dass alle die stürmischen Tage gut überstanden haben.
Eure Weltenbummler
Dona Paula, 11.02.2020
Weltenbummler treffen sich immer mal wieder in irgendeinem Zipfel dieser Erde;
so begab es sich einst mit uns im Watamu Beach Hotel in Kenia. Hakuna Matata.
Ich bin gespannt auf neue Reiseberichte. Eure Angi